27. Festival Sandstein und Musik

„Das Programm gruppiert sich um einen besonderen Liederzyklus von Petr Eben“, sagt die Sopranistin Barbara Christina Steude über diesen Abend. „Die ‚Šestero piesní milostných – Sechs Minnelieder’ nach originalen Texten aus dem Mittelalter stehen in ihrer Schlichtheit, mit ihrem Einfallsreichtum und den geheimnisvollen Zwischen- tönen neben den großen Liederzyklen der Romantik. Eben sagte über sein Komponieren, er verspüre ab und zu das Bedürfnis, zu den Musikursprüngen zu- rückzukehren’ und fand dabei ‚zwei reine Quellen: den gregorianischen Gesang und das Volkslied’. Wir möchten Petr Ebens Verbundenheit zum Volkslied einem seiner Vorbilder, Johannes Brahms und dessen Volksliedbearbeitungen gegenüberstellen. Er be- mühte sich in der ihm eigenen Art, Schattierungen und Nuancen in und zwischen den Zeilen deutlich zu machen und wies dem Klavier einen eigenstän- digen, gleichberechtigten Part zu.“ Breites kompositorisches Œuvre Petr Eben gehört zu den führenden tschechischen Komponisten der jüngsten Vergangenheit. Bereits mit 10 Jahren übernahm er an der Kirche seiner Hei- matstadt den Orgeldienst. Da jüdischer Herkunft, wurden er und sein Bruder 1945 von den National- sozialisten verhaftet und nach Buchenwald depor- tiert. Nach Beendigung des Krieges durfte er sein Abitur ablegen und in Prag Klavier und Komposition studieren. Ab 1955 lehrte er am Institut für Musik- wissenschaft der Prager Karls-Universität. Dass Eben kein Mitglied der tschechischen Kommunistischen Partei wurde und sich offen zur Kirche bekannte, hin- derte ihn beruflich. Erst nach der politischen Wende wurde er zum Professor für Komposition an seiner „alten“ Akademie in Prag berufen, Leiter des Festi- vals Prager Frühling und erhielt 2001 den „Preis der Europäischen Kirchenmusik“. Sein Hauptinteresse galt der Komposition, doch trat er weltweit auch als Pianist und besonders als Organist auf. Sein Œuvre weist neben einer Oper, vokalen und sinfonischen Kompositionen sowie zahlreichen Kammermusiken, darunter mehrere Gesangszyklen, ein umfangreiches Orgelwerk auf. Der Orgel galt seine besondere Liebe; er war ein begnadeter Improvisator. Etliche seiner Kompositionen beruhen auf Improvisationen. Den Zyklus „Šestero piesní milostných“ op. 2 kom- ponierte Petr Eben 1951 für Singstimme und Klavier auf tschechische, deutsche, englische, italienische und französische Texte aus dem 12. bis 14. Jahrhun- dert. Verwoben mit diesen Minneliedern erklingen Liebeslieder aus dem reichen Schaffen von Johan- nes Brahms. Sie stammen aus dem Zyklus „49 Deut- sche Volkslieder“ in der Fassung für Singstimme und Klavier. Vermutlich komponierte Brahms diese Volks- weisen, deren traditionelle Melodien er nicht verän- derte oder nur wenig überarbeitete, über einen län- geren Zeitraum hinweg und fasste sie erst später in sieben Heften zusammen, die 1893/1894 publiziert wurden. Als Textquelle diente hauptsächlich die Sammlung „Deutsche Volkslieder mit ihren Original- Weisen“ von Anton Wilhelm von Zuccalmaglio (1838/1840), die Brahms in der Bibliothek seiner engen Freunde Robert und Clara Schumann auf- stöberte. „All’ mein’ Gedanken die ich hab“ ist zum Beispiel ein spätmittelalterliches Gedicht im Stil der Lyrik der Minnelieder, überliefert im Lochamer Liederbuch von 1460, das erst zu Beginn des 19. Jahr- hunderts wiederentdeckt wurde. Auch die Liebes- lieder „Wach auf, meins Herzens Schöne“ und „Jung- fräulein soll ich mit Euch geh’n?“ sind ehemals weit verbreitete alte Weisen und seit dem 16. Jahrhun- dert schriftlich überliefert. Wie wichtig Johannes Brahms diese Volkslieder waren, geht aus einem Brief an seinen Verleger Simrock hervor: „Mit soviel Liebe und Verliebtheit habe ich noch nie etwas zusammengeschrieben …“ Ungewohnt ist die Besetzung für Gustav Holsts „Four songs for voice and violin“ op. 35 für Singstimme und Violine nach altenglischen Texten aus einer Anthologie des 13./14. Jahrhunderts. Der Brite Holst stammt aus einer deutsch-baltisch-schwe- dischen (Vater) und britischen (Mutter) Familie, die über mehrere Generationen hinweg bis heute Musi- ker hervorbrachte. Ursprünglich wollte er Pianist werden, musste die- sen Plan aber wegen einer Nervenentzündung im Arm aufgeben und studierte deshalb Komposition. Darbietungen von Richard Wagners „Götterdäm- merung“ und Johann Sebastian Bachs h-Moll-Messe während seiner Studienzeit beeindruckten und be- einflussten ihn sehr. Daneben entwickelte sich sein Interesse an den altenglischen Meistern wie William Byrd oder Henry Purcell, was auch in der Kompo- sition der vier Gesänge von 1916/17 deutlich zu hören ist. Holsts Kompositionen umfassen Bühnen-, Orchester- und Vokalwerke und sogar eine Filmmu- sik. Sein wohl bekanntestes Werk ist die 7-sätzige Orchestersuite „Die Planeten“. „Ergänzt wird das Programm durch zwei Kompo- sitionen für Violine und Klavier von Wolfgang Amadeus Mozart und Ernest Chausson“, fährt Barbara Christina Steude fort, „beides außergewöhn- liche Persönlichkeiten ihrer Zeit, sowie durch die „Zigeunermelodien“ op. 55 des böhmischen Kompo- nisten Antonín Dvořák, welcher – seinerzeit von Johannes Brahms hochgeschätzt und unterstützt – Liedkunst Von Dr. Bettina Felicitas Jeßberger 58 Kleine Gans mit Regenbogen. Nach heftigem Gewitter bricht die Sonne durch die dichte Wolkendecke. Die Felsen leuchten aus dem Dunkel auf und ein prachtvoller Regenbogen wölbt sich aus dem Wehlgrund über den Vorderen Gansfels.

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