27. Festival Sandstein und Musik

Sich mit Raritäten und Schätzen zu präsen- tieren ist beim Leipziger Bach-Collegium sprichwörtlich Programm und lässt auf einen außer- gewöhnlichen Hörwert schließen. Dies beginnt mit dem Einstieg ins heutige Konzert. Alessandro Poglietti steht beispielhaft für kaum bekannte Musiker, deren Werk – gerade angesiedelt in der bewegten Phase zwischen Barock und Wiener Klas- sik – ganz zu vergessen ein Verlust wäre. Auf nicht mehr nachvollziehbaren Wegen – sein Name legt eine italienische Herkunft nahe, die aber nicht sicher ist – gelangt Poglietti nach Wien und wirkt zwei Jahrzehnte bis zu seinem Tod 1783 als Kammer- und Hoforganist am Kaiserlichen Hof unter Leopold I. Die Sonate C-Dur, besetzt mit Trompete, Flöte, Oboe, Violine, Violoncello und Basso continuo und damit noch barock kammermusikalisch, bedient mit ihrer empfindsamen Melodik den in jener Zeit neu aus- geprägten Geschmack. Sie zählt zu den wenigen Ensemblewerken aus seiner Feder. Hat Poglietti komponiert, dann überwiegend für Tasteninstru- mente. Bündel an Kreativität, Energie und Gespür Weitaus namhafter und als Komponist ausgespro- chen produktiv ist Georg Philipp Telemann. Er bün- delt Kreativität, Energie und Gespür für die eigene Karriere so geschickt wie kaum ein anderer Musiker des ausgehenden Barock. Telemanns Schaffen lässt sich nicht mehr überblicken. „Und wie wäre es möglich, mich alles dessen zu erinnern, was ich zum Geigen und Blasen erfunden?“, fragt der 59-jäh- rige selbst in der „Grundlage einer Ehren-Pforte“, die der Kritiker Johann Mattheson 1740 in Hamburg, seinerzeit Telemanns Hauptwirkungsstätte, heraus- gibt. Heute lassen sich noch über 3600 Werke nach- weisen. Etwa ein Drittel dieses enormen Bestandes machen Instrumentalwerke von Solostücken bis zu „orchestralen“ Gattungen aus. Mit einem Konzert für Flöte, Violine und Basso continuo und einem Quartett ist Telemann Teil dieses Programms. Melodische Anmut eines Flötisten Des Reisens ins Ausland ist der berühmteste deutsche Musiker seiner Epoche eher müde, doch einmal, im Jahr 1737, verlässt Telemann seinen Sprachraum doch. Einer Einladung namhafter franzö- sischer Musiker nach Paris folgt er nicht ohne ein Bündel von sechs Flötenquartetten im Gepäck, die im Jahr darauf als „Nouveaux Quartours en Six Suites“ gedruckt erscheinen. Die Hörerschaft wird mit kunstvoller, gleichsam unterhaltender Kammer- musik bereichert. In der Liste der Subskribenten ist übrigens die Instanz „Mr. Bach de Leipzig“ zu finden. Zum instrumentalmusikalischen Teil des Programm gehört das Werk eines Dresdner Flötisten, der neben seiner Anstellung als Orchestermusiker findig und reichlich Musik schreibt: Johann Joachim Quantz. Dabei versucht er, technische Möglichkeiten der Instrumente auszuschöpfen und zu erweitern. Mit seinem meisterlichen Spiel zunächst auf der Oboe, dann auf der Traversflöte dient er ab 1728 der Hofkapelle. Auch an Orten wie dem Jagdschloss Moritzburg ist seine Virtuosität zu bewundern. Mit etwa 250 Sonaten und über 300 Konzerten, in denen sich der Einfluss Antonio Vivaldis mit dem galanten Stil mischt, bedient Quantz die Flöte besonders gern, Raritäten und Schätze sind Programm Von Karsten Blüthgen 50 Dieses Konzert wird präsentiert von Großer Zschand. Blick vom Gipfel des Jortanshorns über die Weberschlüchte zur Sommerwand. Hier, im hinteren Teil der Sächsi- schen Schweiz nahe der Grenze zur Böhmischen Schweiz, ist es noch weitgehend einsam und die Natur hat eine Wildheit wie in alten Zeiten.

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