27. Festival Sandstein und Musik

Drama und Theater waren Carl Maria von Weber von früh an vertraut. Sein Vater stand einer wandernden Schauspielergruppe vor, bevor er Carl Maria erst als Wunderkind zu vermark- ten und dann an verschiedenen Positionen als Musi- ker unterzubringen versuchte, meist mit großer Ener- gie und hochfliegenden Plänen. Dabei verfügten Vater und Sohn beide über ein äußerst einnehmen- des, umgängliches Wesen, voll Lebenslust und Leich- tigkeit, das allerdings nicht nur für viele Freunde, son- dern auch einen stetig wachsenden Schuldenberg sorgte, und mehrmals mussten sie vor ihren Gläubi- gern regelrecht fliehen. Erst der Schock einer mehr- tägigen Inhaftierung brachte für Carl Maria von Weber schließlich eine Wende und disziplinierte sei- nen Lebenswandel. „In der Ruhe fühle ich erst, wie sehr die letzte Zeit mich angegriffen hat. “ Die Lust am Theater und der schöpferischen Ausein- andersetzung mit der Bühne aber blieb – und so führte ihn sein Weg fast zwangsläufig an die Musik- theaterhäuser von Prag, Dresden, Berlin und London. Seinen Sinn für das Dramatische konnte Weber hier einbringen, sein Bedürfnis nach Geselligkeit dage- gen fand Ausdruck in einer intensiven Auseinander- setzung mit der Kammermusik. In Hosterwitz, seinem bei Pillnitz gelegenen Sommersitz während der Dresdner Zeit, entstand beispielsweise das Trio für Flöte, Klavier und Violoncello g-Moll. Weber und seine Frau Caroline versuchten, sich hier im Frühsom- mer 1819 von wochenlanger Krankheit und dem Ver- lust ihrer kurz zuvor im Säuglingsalter gestorbenen Tochter zu erholen. „In der Ruhe fühle ich erst, wie sehr die letzte Zeit mich angegriffen hat“, notierte Weber im Mai. Die „herrliche Natur und friedliche Stille“ bewirkten dann auch eine allmähliche Stär- kung und belebten Webers schöpferische Kräfte wie- der. Mehrere Klavier- und Kammermusikwerke ent- standen, und das „Freischütz“-Sujet begann ihn wieder intensiv zu beschäftigen. Eingang fanden Motive der Oper dann auch in den Finalsatz des Trios. Dessen vordergründigstes Kennzeichen aber ist sein Spiel – nicht zuletzt durch seine Besetzung – mit der pastoralen Stimmung der ländlichen Umgebung. Nach dem im Scherzo gefassten zweiten Satz folgt zudem der mit „Schäfers Klage“ betitelte dritte Satz auf der Basis einer eingängigen volkstümlichen Me- lodie. Die Ruhe und Beschäftigung mit den haupt- sächlich dem Klavier gewidmeten Werken des Som- mers 1819 – unter anderem entstand die Caroline zugeeignete Aufforderung zum Tanz – fruchtete: Mit neuem Mut und voll Elan konnte Weber nach dem Sommer die Fertigstellung des „Freischütz“ in Angriff nehmen. Sein im Hosterwitzer Sommer entstandenes g-Moll- Trio mit einer Flöte zu besetzen, war eine gezielte Entscheidung Webers für die Farbe des Pastoralen, hatte sich die Standardbesetzung des Klaviertrios mit Violine, Violoncello und Klavier doch Anfang des 19. Jahrhunderts schon durchgesetzt. Weber behan- delte die drei Instrumente in seinem Trio völlig gleich- wertig – diese Gleichberechtigung wurde im wei- teren Verlauf des Jahrhunderts zum Prinzip erhoben. Ein dichtes, intensives Klanggewebe entstand durch die je changierende Funktion der Partner im Hinblick auf virtuose Präsenz, dialogische Hervorhebung oder begleitende Zurückhaltung. Den privaten Auf- führungsraum sprengten die Werke mit diesem An- spruch bald und gehören spätestens seit den Klavier- trios Robert Schumanns oder Felix Mendelssohn Bartholdys zum festen Konzertsaalrepertoire. Aus kleinen Gedanken wächst Bedeutendes Mendelssohn kündigte schon 1838 an, „nächstens ein paar Trios zu schreiben“, benötigte aber doch nach dem 1839 entstandenen ersten Trio sechs Jahre, bis er – abseits von Verpflichtung und groß- Dem Standard die Farbe des Pastoralen entgegengesetzt Von Katrin Bicher 48 Dieses Konzert wird präsentiert von Caroline Bardua (1781-1864): Bildnis Carl Maria von Weber, 1821. Die aus dem Harz stamende Künstlerin porträtierte weitere namhafte Persönlichkeiten wie Caspar David Friedrich, Niccolò Paganini und Johann Wolf- gang von Goethe.

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