27. Festival Sandstein und Musik

Als am 19. Dezember 1989 Bundeskanzler Helmut Kohl vor der Ruine der Dresdner Frauenkirche seine legendäre und weg- weisende Rede vor hunderttausend Sachsen hielt – ich selbst durfte dabei sein –, war vielen im Land nicht bewusst, dass dies der Startschuss eines gigantischen Sanierungsprozesses für das an Facet- ten so reiche kulturelle Erbe in Mitteldeutschland werden würde. Die Frauenkirche Dresden weist als Symbol des Wiederaufbaus von einzigartiger Bedeutung weit über sich hinaus. Ludwig Güttler, Trompeter, Dirigent und Künstlerischer Leiter unseres Festivals, hat an vorderster Stelle daran mitgewirkt. Meine Mitglied- schaft im Deutschen Bundestag führte mich mit Experten Anfang des Jahres 1991 nach Meißen. Die Stadt besitzt Denkmale und Ensembles von einzig- artiger baugeschichtlicher Bedeutung für Mittel- deutschland und ganz Europa. Die Erkenntnis war klar: Mit der verfallenden Bausubstanz von Städten, wie an diesemBeispiel sichtbar, muss dringend etwas passieren. Blieb Meißen im Zweiten Weltkrieg noch weitestgehend von Zerstörung verschont, so war die Stadt im real existierenden Sozialismus der Jahrzehn- te danach dem Verfall preisgegeben. Seitdem sind bis heute hunderte Millionen Mark und später Euro in die Instandsetzung dieses kul- turellen Erbes investiert worden. Wir dürfen mit Stolz behaupten, dass diese Steuergelder intelligent eingesetzt wurden. Helmut Kohl sagte damals: „Wenn wir es wollen, schaffen wir gemeinsam in Ost- und Mitteldeutschland blühende Landschaften.“ Seine Aussage wurde später oft, emotional und kontrovers diskutiert – hier hat er klar Recht behalten. Gleiches gilt für die Einrichtung des Nationalparks Sächsische Schweiz im Frühsommer 1990. Auch hier konnte ich als Beauftragter des damaligen Landrats 3 Schätze unserer Heimat – Heimat, deine Schätze Vorwort von Klaus Brähmig Hans-Jürgen Evers und Fraktionsvorsitzender des damaligen Kreistags an entscheidender Stelle mit- wirken. Heute ist dieser Schutzstatus für einen land- schaftlichen Schatz nicht mehr wegzudenken. Um- weltminister Klaus Töpfer sprach treffend vom „Tafel- silber der Deutschen Einheit“, wenn er die Schutz- gebiete in Ost- und Mitteldeutschland meinte. Auch fast 30 Jahre danach bleibt es die Aufgabe, diese Landschaftsästhetik als ein hohes Gut zu bewahren. Sächsische Kirchenrepräsentanten stellten kürzlich fest, dass sich unsere Sakralbauten noch nie in der Geschichte in einem so exzellenten Zustand befan- den wie heute. Nicht zu vergessen sind dabei die Glocken, zum Beispiel die Taufglocke meiner heimi- schen Kirche in Papstdorf, die, neu gegossen, in die- sem Jahr ihrer Bestimmung übergeben wird. Es war mir eine Freude und Ehre zugleich, dass ich fast zweieinhalb Jahrzehnte an diesem Aufbau- prozess mitwirken konnte und mich heute weiter engagieren darf, um Mittel von Stiftungen, Kirchen, der öffentlichen Hand, von Bund, Freistaat, Kom- munen sowie Spenden für die Kulturlandschaft Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und sein Um- land zu generieren. Auf einige wenige Beispiele möchte ich gern eingehen. Das Herrenhaus und Schloss Prossen ist ein Kleinod, welches durch bürgerschaftliches Engagement der Familie Wiesner in diesem Jahr nach grundlegender Sanierung einer neuen, touristischen Nutzung über- geben wird. Die Kirche in Höckendorf wurde mit Fördermitteln aus dem Leader-Programm der Euro- päischen Union außen bereits saniert – nun steht die Innenerneuerung an. Aus mehreren Fördertöpfen flossen etwa 400.000 Euro in das Projekt, das eben- falls in diesem Jahr vollendet werden soll. Das Got- teshaus in Höckendorf beherbergt eine der wert- vollsten Jugendstilmalereien Sachsens. Millionen für Burgen, Schlösser und Gärten Der „Marie Luise Stolln“ in Berggießhübel konnte dank einer großen Kraftanstrengung engagierter Bür- ger zu einer Attraktion regionaler Geschichte heraus- geputzt werden. Heute finden in dem Besucherberg- werk bergmännische Führungen und Veranstaltungen vielerlei Art statt, auch Konzerte, denn die einzig- artige Kulisse verbindet sich mit einer hervorragen- den Akustik. Freilich sind die klimatischen Bedin- gungen unter Tage schwierig, doch das Festival Sand- stein und Musik war der Initiator dieser abgelegenen Spielstätte und erprobte im Jahr 2007 die Konzert- tauglichkeit des Stollens. Adrian Ludwig Richter (1803-1884), Blick zum Neurathener Felsentor, nachkoloriert Aussicht vom Brand

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