27. Festival Sandstein und Musik

Programm Manuel de Falla (1876-1946) Danza Española No. 1 aus der Oper „La Vida Breve“ (Transkription: Marcel Grandjany) François Couperin (1668-1733) Aus: „Troisième livre de pièces de clavecin“ Le rossignol en Amour Wilhelm Posse (1852-1925) Variationen über „Der Karneval von Venedig“ Jean-Philippe Rameau (1683-1764) Aus: „Pièces de clavecin“ Le Rappel des Oiseaux (original für Cembalo) Louis-Claude Daquin (1694-1772) Aus: „Pièces de clavecin, Troisième Suite“ Le Coucou Louis-Claude Daquin Aus: „Pièces de clavecin, Deuxième Suite“ L’Hirondelle Franz Liszt (1811-1886) Liebestraum Nr. 3 „O lieb, so lang du lieben kannst“ S 541 (Transkription: Agnès Clément) Pause Michail Glinka (1804-1857) The Lark (Transkription: Mili Balakirew/Xenia Alexandrowna Erdeli) Alexander Borodin (1833-1887) Petite Suite (original für Klavier, Transkription: Agnès Clément) Au couvent. Andante religioso („The Church’s vows foster thoughts only of God“) Intermezzo. Tempo di minuetto („Dreaming of Society Life“) Mazurka I. Allegro („Thinking only of dancing“) Mazurka II. Allegretto („Thinking both of the dance and the dancer“) Rêverie. Andante („Thinking only of the dance“) Serenade. Allegretto („Dreaming of love“) Nocturne. Andantino („Lulled by the happiness of being in love“) Mili Balakirew (1837-1910) Mazurka Nr. 2 (Transkription: Agnès Clément) Ekaterina Walter-Kühne (1870-1930) Fantasie über die Oper „Eugen Onegin“ von Peter Tschaikowski Ausführende Agnès Clément (Harfe) Konzertdauer ca. 1 Stunde 30 Minuten inkl. Pause 14. Konzert Tharandt, Ev. Kirche Samstag 24. August 2019 17:00 Uhr Tharandt. Die Bergkirche „Zum Heiligen Kreuz“ wur- de in den Jahren 1626 bis 1629 unter Verwendung des alten Mauerwerkes der Unterburg Tharandt und des Portals der Burgkapelle (um 1250) erbaut und im Jahr 1631 geweiht. 39 gar nicht aus Venedig, sondern aus Neapel und erinnert formal an den dort verbreiteten Typ der Canzonetta. Dennoch muss die Melodie den Weg aus Süditalien nach Venetien gefunden haben; wo sie mit dem Text „O Mamma, Mamma cara“ bekannt war und vermutlich Paganini zu Ohren kam, der sie also lokal in Venedig verortete und in seinen Variationen über die Melodie karnevaleske Lebensfreude in virtuose Figuren gießt. Die Melodie übrigens bewäl- tigte nicht nur den Weg vom Thyrrenischen Meer an die Adria, sondern sogar noch bis über die Alpen: Hierzulande avancierte sie zur Melodie von „Mein Hut, der hat drei Ecken“. Mit Michail Glinkas – niemand geringerer als der erklärte „Vater der russischen Musik“ – „Lerche“ reicht das Thema des Vogelgesangs noch in die zweite Hälfte des Programms hinüber und gibt den Stab dabei ein ganzes Stück nach Osten weiter. Hier steht die Petite Suite von Alexander Borodin im Mittelpunkt. Borodin, der seit einem Aufenthalt in Weimar 1877 mit dem „Liebestraum“-Komponisten Franz Liszt bekannt und befreundet war, schrieb das Werk 1885. Besonders das letzte Stück, eine Nocturne mit dem Titel „in Schlaf gewiegt vom Glück, geliebt zu werden“ machte schnell Furore und half, Borodins Bekanntheitsgrad in Westeuropa zu steigern. Dabei wird, wie die Untertitel der einzelnen Sätze nahelegen, weniger die Geschichte als die Gefühlswelt einer glücklichen, womöglich noch jun- gen Liebe geschildert. Mazurka und „Mächtiges Häuflein“ Mitten auf dem Weg zwischen Frankreich und Russ- land liegt die Heimat der Mazurka. Der gebürtige Pole Frédéric (Fryderik) Chopin (Szopen) hatte die Volkstänze aus der Region Masuren mit nach Paris gebracht, wo er einerseits des Rangs der Stadt als musikalische Weltmetropole, andererseits der politischen Lage in Polen wegen hin exiliert war. Hier machte Chopin den Tanz populär, was auch Mili Balakirew beeindruckte, der seinerseits virtuose Salonstücke in der Nachfolge Chopins schrieb, wozu auch Mazurken zählen. Erst später sollte Balakirew sich in Stil und musikästhetischem Denken grund- legend wandeln, vermittelt durch die Bekanntschaft zu Michail Ginka: Balakirew gehörte ebenso wie Borodin zusammen mit César Cui, Modest Mus- sorgski und Nikolai Rimski-Korsakow zur Gruppe der Fünf, auch bekannt als „Mächtiges Häuflein“. Diese schlossen sich Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Erneuerungsbewegung mit dem Ziel der Her- ausbildung eines russischen Nationalstils in der Kunstmusik in der Nachfolge Glinkas zusammen und versuchten, den Einfluss der westeuropäischen Moden zurückzudrängen – womit sie die offene Geg- nerschaft Peter I. Tschaikowskis zu erwarten hatten, oder vielmehr suchten. Opernwelt voller Tragik Dessen Oper Eugen Onegin war im März 1879 in Sankt Petersburg uraufgeführt worden und von An- fang an ein Erfolg. Die Handlung basiert auf einer gleichnamigen Dichtung Puschkins: Eugen Onegin ist der Prototyp eines oberflächlichen Lebemanns, beziehungsunfähig, selbstbezogen und kaltherzig. Nachdem er die Liebe der jungen Tatjana enttäuscht hat, umgarnt er deren Schwester Olga, was deren Verlobten Lenski (ein Freund Onegins) wiederum zu einer Duellforderung veranlasst. Sinnlos tötet Onegin den Freund und raubt der jungen Frau den Verlobten und verschwindet daraufhin – ehe er Jahre später zurückkehrt und, von Schuldgefühlen ge- plagt, Tatjana aufsucht, die er nun doch liebt. Sie liebt zwar zurück, ist nur zwischenzeitlich schon verheiratet und gewillt, ihrem Mann die Treue zu halten – Onegin flieht ein zweites Mal, diesmal für immer. Tragischer Ausgang einer verheißungsvoll begonnenen Liebesgeschichte. Und auch, in der Form einer Fantasie über Motive der Oper, das Finale eines Abends, der zuvor oft von der Liebe erzählte. „O lieb, so lang du lieben kannst“ hätte man Onegin vielleicht zurufen müssen. So beginnt ein Gedicht Ferdinand Freiligraths, das Franz Liszt 1845 als Lied vertont hatte. Er, der neben vielen Liedern anderer Komponisten auch eigene zu reinen Klavierwerken umarbeitete, veröffentlichte 1850 eine Sammlung dreier solcher Paraphrasen unter dem Titel „Liebes- träume“. Das dritte Stück dieser Sammlung wurde zu einer der beliebtesten Kompositionen Liszts über- haupt.

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