27. Festival Sandstein und Musik

10. Konzert Stolpen, Burg, Kornkammer Samstag 15. Juni 2019 17:00 Uhr 31 klare Zeichen von Wertschätzung. Eine andere Form von Verehrung ist die Pilgerfahrt zu einem hoch- geschätzten Meister. Diese langen und oft müh- samen Reisen unternahmen viele der größten Kom- ponisten. Die vielleicht bekannteste solcher Reisen ist die von dem 20-jährigen Johann Sebastian Bach nach Lübeck. 1705 legte er fast 400 Kilometer von Arnstadt in die Hansestadt zurück, um den großen Meister Buxtehude zu besuchen, und das Ganze zu Fuß. Bach selbst, oder eher sein Erbe, war dann 1789 der Anziehungspunkt für Mozart. Dessen Reise dorthin unterscheidet sich von jener Bachs, indem sie meh- rere Stationen beinhaltete – Prag, Dresden, Leipzig und Berlin – und indemWolfgang Amadé die Strecke per Kutsche gefahren statt gelaufen ist. Aber die- selbe Vernarrtheit prägte seinen Leipziger Besuch wie Bachs Lübecker. In Leipzig wurde Mozart mit einer Aufführung von Bachs Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“ durch den Thomanerchor überrascht und war überglücklich. Angeblich setzte er sich danach auf den Fußboden und breitete die Partitur um sich herum aus, um sie im Detail zu stu- dieren. Er nutzte diese Gelegenheit auch, um einige Werke von Bach zu kopieren. „Der wird einmal in der Welt von sich reden machen!“ In dieser Kette von Komponisten aus dem Konzert- programm, die musikalische Pilgerreisen unternom- men haben, ist Beethoven das nächste Verbindungs- glied. Mit Mozarts Schaffen war Beethoven eng vertraut. Im Frühjahr 1787 folgte Beethoven seinem Traum und reiste nach Wien, um Mozart zu sehen. Der Bericht von dem Treffen zwischen den beiden stammt aus einer einzigen, fragwürdigen Quelle, aber angeblich spielte der 16-jährige Beethoven Mozart etwas Vorbereitetes vor, wovon letzterer wenig begeistert war. Beethoven merkte dies und bat um ein Thema für eine Improvisation. Jetzt hatte er Mozarts ganze Aufmerksamkeit. Zum Schluss ging Mozart zu seinen Freunden im Nebenzimmer und sagte „Auf den gebt Acht, der wird einmal in der Welt von sich reden machen!“ Auch wenn dies nur eine Geschichte ist, hatte Beethoven Mozart höchst- wahrscheinlich während seines Besuchs zumindest spielen gehört. Leider musste Beethoven seine Zeit in Wien abkürzen und nach Bonn zurückkehren, da seine Mutter schwer erkrankt war. Erst 1792 traf Beethoven wieder in Wien ein – Mozart war bereits fast ein Jahr davor gestorben. Beethoven folgte aber in seine Fußstapfen, indem er Unterricht bei Haydn bekam und den wöchentlichen Stolpen. Im Jahre 1518 ließ Bischof Johann VII. von Schleinitz das mächtige und wehrhafte Kornhaus errichten. In den Dienstanweisungen bischöflicher Beamter im Schloss Stolpen wurde dem Kornmeis- ter gesagt, dass er mit dem Hauptmann und dem Vogt die Höhe der Ernte auf den Feldern festzustel- len hatte, denn danach richtete sich der Dreschlohn. Der Speiser beköstigte die fronpflichtigen Bauern für den Getreideschnitt mit zwei Broten (je etwa 300 Gramm), beim Einfahren auf je einen Wagen mit vier Broten. Wer in der vorgesehenen Zeit nicht fertig wurde, hatte ohne Anspruch auf Beköstigung den Rest aufzuarbeiten. Programm Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) / Johann Sebastian Bach (1685-1750) Adagio und Fuge Nr. 4 aus KV 404a 1. Adagio (nach Adagio e dolce aus: Triosonate Nr. 3 BWV 527) 2. Fuge (nach Contrapunctus VIII aus: Die Kunst der Fuge BWV 1080) Wilhelm Berger (1861-1911) Streichtrio g-Moll op. 69 1. Lebhaft 2. Etwas belebt 3. Sehr lebhaft 4. Sehr langsam – Lebhaft Pause Ludwig van Beethoven (1770-1827) Streichtrio Es-Dur op. 3 1. Allegro con brio 2. Andante 3. Menuetto. Allegretto – Trio 4. Adagio 5. Menuetto. Moderato – Minore 6. Finale. Allegro Ausführende Dresdner StreichTrio Jörg Faßmann (Violine) Sebastian Herberg (Viola) Michael Pfaender (Violoncello) Konzertdauer ca. 1 Stunde 50 Minuten inkl. Pause Besuch bei van Swieten übernahm. Dort spielte er Werke von Bach und Händel bis spätabends, ge- nau wie Mozart es 12 Jahre früher gemacht hatte. In diesem Sinne war Beethoven der Nachfolger von Mozart und dies spiegelt sich in seinen frühen Wiener Werken wieder. 1794 schrieb Beethoven sein Streichtrio Es-Dur op. 3. Ähnliche Strukturen lassen sich erkennen zwischen seinem Werk und Mozarts Divertimento für Violine, Viola und Violoncello Es-Dur KV 563, das auf seiner 1789er Reise in Dresden uraufgeführt, aber erst 1792 posthum gedruckt wurde. In Beet- hovens Opus 3, seinem ersten Werk für Streichtrio, zeigen sich Züge von Mozart und Haydn, aber gleich- zeitig wird klar, dass er sich von den alten Meistern zu lösen beginnt. Ein Zeitsprung von 104 Jahren ab Beethovens Trio führt uns zu einem Werk von Wilhelm Berger. Zu seiner Zeit war Berger hoch angesehen als Musiker, Lehrer, Professor, Mitglied der Berliner Akademie der Künste, Kapellmeister und Komponist. Sein Streich- trio g-Moll op. 69 stammt von 1898, eine erfolg- reiche Zeit für Berger, da er in jenem Jahr auch den 1. Preis des Beethovenhauses Bonn erhielt. Leider sind seine Werke nach seinem Tod fast in Verges- senheit geraten, aber zum Anlass seines Jubiläums 2011 wurde das Interesse an seinem Leben und Wirken wieder stärker. Das Dresdner StreichTrio, das sich 1995 gründete, hat sich zum Motto gemacht, „die im Schatten des Streichquartetts stehende Gattung der Kammer- musik mit seinen Gestaltungs- und Ausdrucksmög- lichkeiten zu entdecken und auf den Konzertbühnen zu neuer Blüte zu verhelfen“. Mit diesem Konzertpro- gramm wird es genau das tun. Werke dieser relativ seltenen Gattung von Meistern, die von anderen Komponisten stark beeinflusst waren oder sogar von ihnen abgeschrieben haben, zusammen mit einem Trio von dem kaum bekannten Berger, werden in den Fokus gerückt.

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