27. Festival Sandstein und Musik
tischen Gründen nicht zurück. Im Jahr 1927, zwei Jahre später als Erwin Schulhoff, komponierte Mar- tinů sein erstes Duo für Violine und Violoncello in Paris. Man hört seine intensive Beschäftigung mit der französischen Musik, besonders mit dem Impres- sionismus, heraus. Die musikantischen Elemente gehen auf die enge Beziehung Martinůs zur tsche- chischen Volksmusik zurück. Die erweiterte Ton- alität mit bewusst eingesetzten harten Dissonanzen und eine ausgefeilte, ständig wechselnde Rhythmik prägen das Werk, das Martinů den beiden Musikern Stanislav Novak (Violine) und Mauritz Frank (Violon- cello) widmete, die sein erstes Streichquartett in Prag uraufführten. Klirrende Pizzicati, flirrende Obertöne Maurice Ravels Sonate für Violine und Violoncello „A la mémoire de Claude Debussy“ gilt als einer der musikalischen Höhepunkte für diese Instrumenten- Kombination. 1920 ehrten namhafte Komponisten wie Paul Dukas, Béla Bartók oder Igor Strawinsky in einer Sonderausgabe der Musikzeitschrift „La Revue musicale“ den 1918 verstorbenen Claude Debussy mit verschiedenen Werken. Speziell für diesen An- lass komponierte Ravel, der Debussy sehr schätzte, einen Duo-Satz. Etwa zwei Jahre später vervollstän- digte er die Sonate mit drei weiteren Teilen, die ebenfalls Debussy gewidmet sind. Bei der Urauffüh- rung 1920 kam es – wieder einmal – zum Skandal, da die Solisten den neuartigen dissonanten Klängen und ungewohnten Spieltechniken, wie klirrende Pizzicati oder flirrende Obertöne, bei der Urauffüh- rung nicht wirklich gewachsen waren. „Ein Massaker Programm Johann Sebastian Bach (1685-1750) Zweistimmige Inventionen für Violine und Violoncello Invention 1 C-Dur BWV 772 Invention 3 D-Dur BWV 774 Invention 4 d-Moll BWV 775 Invention 6 E-Dur BWV 777 Invention 8 F-Dur BWV 779 Invention 12 A-Dur BWV 78 Erwin Schulhoff (1894-1942) Duo für Violine und Violoncello (1925) 1. Moderato 2. Zingaresca. Allegro giocoso 3. Andantino 4. Moderato – Presto fantastico Bohuslav Martin ů (1890-1959) Duo für Violine und Violoncello Nr. 1 H. 157 (1927) 1. Preludium 2. Rondo Pause Maurice Ravel (1875-1937) Sonate für Violine und Violoncello „A la mémoire de Claude Debussy“ 1. Allegro 2. Très vif 3. Lent 4. Vif, avec entrain Johan Halvorsen (1864-1935) Passacaglia für Violine und Violoncello über ein Thema von Händel Ausführende Lenka Matějáková (Violine) Aleisha Verner (Violoncello) Konzertdauer ca. 2 Stunden inkl. Pause 9. Konzert Rammenau, Barockschloss Sonntag 2. Juni 2019 17:00 Uhr Rammenau. Wo sich Westlausitz und Oberlausitz begegnen, liegt in reizvoller Landschaft das Barock- schloss Rammenau. Zwischen 1720 und 1737 vom königlich-polnischen Kammerherren Ernst Ferdinand von Knoch erbaut, zählt es zu den schönsten Land- barockanlagen Sachsens. Klassizistisch-illusionisti- sche Architekturmalerei, prunkvolle Säle und edle Gemächer versetzen Sie in die Zeit des 18. Jahr- hunderts. Das Barockschloss ist Begegnungsstätte von Kunst und Kultur. Bekannt wurde Rammenau durch den Aufklärer und Philosophen Johann Gottlieb Fichte, der hier im Jahr 1814, vor 205 Jahren, gebo- ren wurde und dem im Schloss eine Gedenkstätte gewidmet ist. 29 an den Solisten“ wurde Ravel von Kritikern vorge- worfen, doch schon bald wich die Ablehnung und die Duo-Sonate wurde immer häufiger aufgeführt. Bitonalität, klare melodische Linien, subtile Klang- farben und auch eine bisweilen stampfende, tänzeri- sche Rhythmik prägen die Sonate, die bis ins Detail mit großer Sorgfalt komponiert wurde. Igor Strawin- sky nannte Ravel wegen der Genauigkeit seiner Werke einmal den „Schweizer Uhrmacher“ unter den Komponisten. Bearbeitung – ein Zeichen besonderer Wertschät- zung Das Duo des norwegischen Komponisten, Dirigenten und Violinisten Johan Halvorsen beschließt den Abend bravourös. Er ist in Sachsen kein Unbekann- ter, war er doch eine zeitlang Mitglied des Gewand- hausorchesters Leipzig. Halvorsens musikalisches Schaffen ist der nationalen romantischen Tradition verpflichtet. Als eines seiner Vorbilder nennt er – ebenso wie Maurice Ravel – Edvard Grieg. Die hier zu Gehör gebrachte Passacaglia beruht auf der tra- ditionellen barocken italienischen Satzform gleichen Namens und ist eine instrumentale tanzartige Kom- position mit Variationen über einer sich wiederholen- den Continuo-Figur. Halvorsen verarbeitet als Thema die „Passacaille“ aus Georg Friedrich Händels Cem- balo-Suite Nr. 7 g-Moll HWV 432 neu, und zwar für Violine und Viola. Das war und ist durchaus gängige Praxis und darf keinesfalls als Plagiat verstanden werden, sondern – im Gegenteil – als besondere Wertschätzung des Komponisten. Gespielt wird das virtuose Stück jedoch meist von Violine und Violon- cello. Eine Adaption wie zu Beginn des Konzertes – der Bogen schließt sich auch in Bezug auf die Epo- che, sind doch Bach und Händel Zeitgenossen, beide 1685 geboren. Ein Konzert kammermusikalischer Schätze! Bohuslav Martinu, 1948 als angesehener Komponist und Lehrer in den USA °
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