27. Festival Sandstein und Musik

Alles begann auf einer Autofahrt. Irgend- wann Anfang der wilden Neunziger Jahre. Pianist Christian Schöbel und Schlagzeuger Mario Meusel – der eine Biologiestudent in Tübingen, der andere Musikstudent in Stuttgart – nutzten die langen Stunden zwischen neuer und alter Heimat, um sich über Musik auszutauschen. Während Meusel in dieser Zeit vor allem mit Rock-, Punk- und Funk-Bands unterwegs war, hatte sich Schöbel schon seit vielen Jahren dem Blues verschrieben. Vor allem Pianist Vince Weber und mit ihm der Boogie-Woogie hatten es ihm angetan – eine Liebe, die bis heute überdauert hat. Die Geburtsstunde des Duos 2hot hatte geschla- gen. Unzählige Autostunden, tausende Auftritte später und um viel Erfahrung reicher sind sich die zwei Musiker mit ihrer Mischung aus Boogie, Blues, Dixie- land und Jazz der 1920er-Jahre bis heute absolut treu geblieben. Jazz bedeutet: frei zu sein Musikalisch bewegt sich das Duo im Oldtime-Jazz, am Ursprung dieser Tradition. Für Pianist Christian Schöbel zählt vor allem das Nicht-Vorhersehbare oder, um es mit seinen eigenen Worten zu sagen: „Jazz ist, in jeder Sekunde selbst zu entscheiden, was du gerade machst. […] Es muss immer möglich sein, einen Song oder ein Stück in eine Stimmung zu lenken. In jeder Situation muss ich diese kippen und beeinflussen können. Ich muss auf die Energie im Raum reagieren. Natürlich muss man improvisieren können und bereit sein, ein Risiko einzugehen.“ Risiken sind die beiden nicht nur musikalisch einge- gangen. Ihre ganze 23-jährige Bandgeschichte erzählt von Mut und Risiko, angefangen von der Entscheidung, Berufs-Musiker zu werden, bis hin zur Organisation eigener Festivals. So stampften sie vor acht Jahren den „Dresdner Boogie Woogie Sommer“ aus dem Boden. Nachdem sie diesen in jeweils wechselnden Loca- tions veranstalteten, darunter im Kabarett Breschke & Schuch, im Alten Schlachthof und auf dem Konzert- platz Weißer Hirsch, haben sie nun im Tom Pauls Theater Pirna Quartier gefunden. Kurzerhand wurde damit aus der Dresdner die „Pirnaer Blues & Boogie Woogie Nacht“. Geblieben sind die vielen Musiker, darunter Urgesteine der Boogie-Woogie-Szene, die dem Festival seit Jahren die Treue halten wie Axel Zwingenberger, Vince Weber, Christian Willisohn, Sil- van Zingg, Ulrike Hausmann und viele andere mehr. Legendäre Zusammenkünfte in der Boogie-Szene Ein internationales Zusammentreffen bietet die legen- däre Konzertnacht „The Hamburg Boogie Woogie Connection“, die seit dem 8. 8. 1988 jährlich am gleichen Datum in der norddeutschen Hafenstadt zelebriert wird. Kein Geringerer als Axel Zwingen- berger rief sie damals ins Leben. Ebenso wie Vince Weber sorgte er seit Ende der 1970er-Jahre für ein Comeback des Boogie-Woogie in Deutschland. In den darauffolgenden Jahren tourten Zwingenberger und Weber durch sämtliche Clubs von Hamburg bis Wien und inspirierten viele Nachwuchsmusiker, die schließ- lich in den 1990er-Jahren nachrückten. Dazu zählt sich auch Christian Schöbel. An die erste persönliche Begegnung mit den Boogie-Woogie-Größen erinnert er sich noch sehr genau: Nach einem Konzert, das die beiden im Kammermusiksaal der Berliner Philhar- monie 1995 gaben, traf man sich im legendären Blues- Club „Zur Speiche“. „Dort hatte ich ein Aha-Erlebnis“, erzählt Schöbel mit leuchtenden Augen. „Mindestens sechs, sieben Leute sind nacheinander aufgestanden Liebe auf der Autobahn – ein Dresdner Duo im Porträt Von Kathleen Goldammer 26 Wird präsentiert von der ENSO Energie Sachsen Ost AG 2hot – das sind die Dresdner Mario Meusel und Christian Schöbel. Swing, Ragtime und Blues kreuzen sich in ihrer Musik mit heu- tigen Strömungen. Balladen gehören ebenso zum Programm. Boogie Woogie bleibt wichtigste Zutat im (nicht zu) „heißen Topf“ des sympathischen Duos.

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