27. Festival Sandstein und Musik

Etappe 1: Auf dem Schlauch Als Eltern dachten wir uns nichts, als es in der Musikschule hieß: „Tag der Instrumente, kommt und schaut!“ Unser Sohn, noch nicht mal Erstklässler und mit stolzer Zahnlücke, umklammerte meine Hand und ließ sich geduldig von Zimmer zu Zimmer führen. Harfenklänge, das Brummeln eines Kontrabasses – bitte nicht, dachte ich, da bräuchten wir einen Kombi! Schließlich landeten wir vor einem kleineren Übel, dem Bläsertisch. Kernige Lehrer luden den Knirps ein, in verschiedene Mundstücke zu blasen und siehe da: Es entwich der eine oder andere Ton! Sie sparten nicht mit Lob, drückten mir Flyer in die Hand, worauf stand: Mit dem Schlauch geht es auch! Was wir nicht ahnten: Volle zwei Jahre Unterricht auf der Schlauchtrompete sollten folgen: ein mit Wäscheleine zum Horn fixierter, aus Naturkautschuk bestehender Gartenschlauch, mit einem einfachen Plastikküchentrichter als Trötenauslass und einem Mundstück. Es boten sich illustre Bilder: Die ganze Gruppe klatscht, mehr oder weniger im Takt: ta, ta, tiiti, taaaaaa, oder liegt mit der Fachkraft auf dem Boden und macht Atemübungen. Immer wieder schön: Die Musizierstunden, der Eifer, der Appell an Eltern und Verwandte, Publikum zu sein. Eine echte Herausforderung. Etappe 2: Problem der Lippenform Unser Sohn hat sein Instrument gefunden. Nicht Gitarre, sondern Trompete? Weit gefehlt. Also der Lippenform nach sei das Kind eindeutig für Horn prädestiniert, sagten die Blechflüsterer. Horn? Un- verständnis bei Eltern, Entsetzen bei Großeltern. Kind und Lehrer entschieden und nun ging es richtig los. Erste Stunde Gruppenunterricht: Ein anderer Horn- Erstlingsvater und ich treten ein, das Kinderhorn in der Hand. Das Instrument ist immerhin kein Schlauch mehr und wiegt über drei Kilogramm, für die Knirpse ein stolzes Gewicht, zudem ist so ein Hornkoffer nicht gerade handlich, heißt, den dürfen gerne die Eltern schleppen. Der Lehrer sitzt am Klavier, schlägt einzelne Töne und Akkorde an, die Kinder sollen nachsingen, er dreht sich erwartungsfroh zu uns: „Und jetzt Sie!“ Aha, hier wird jetzt die Musikalität der nächsten leiblichen Verwandten geprüft. Wer- den sie ihre Sprösslinge je beim Üben berichtigen können? Wir krächzen ein: „dooooo“ und verabschie- den uns im Rückwärtslaufen halb singend mit zuneh- mender Beschleunigung. Etappe 3: Orchesterprobe mit Nachspiel „Das Horn ist ein Orchesterinstrument und zwar ein begehrtes“, sagt der Blechlehrer und meint damit, was wir noch nicht ahnen, dass es in allen Ensem- bles der Musikschule (und nicht nur da) gefragt ist. Zum Angewöhnen soll der angehende Hornist mal bei einer Probe des Nachwuchsorchesters vor- beischauen. Der hat dazu eigentlich gar keine Lust, weil er lieber zum Fußballtraining geht, und ist völlig entsetzt, als er erfährt, dass so eine Probe nichts Einmaliges ist. Aber, siehe da, das Orchester- spiel macht Freude und intensiviert das Üben zuhause. Auch Quartette machen sich gut. Sprich: Zusatzproben und noch mehr üben. Etappe 4: Solowertung oder Duo? Nach sechs intensiven Jahren brachte unser Hornist einen auf den ersten Blick harmlosen Zettel mit nach Hause, den es auszufüllen galt: Anmeldung für „Jugend musiziert“. Was das bedeutete? Ein geeig- neter Klavierpartner musste gefunden werden, mög- lichst in der Nähe und auch zwischenmenschlich sollte es funktionieren, bei Kindern wie Eltern. Ab jetzt verbringt man viel Zeit miteinander, bildet Fahr- gemeinschaften, packt Proviantkörbe, wartet gedul- dig beim Abholen von Proben, Musizierstunden, außerschulischen Lehrstunden – bis dann endlich, im frostigen Januar, der Regionalwettbewerb statt- findet. Hier werden uns eher psychologische Fähig- keiten abverlangt. Im Falle einer Weiterleitung folgt sofort die Vorfreude auf den Landeswettbewerb im März. Dort wird bewusst, dass Sachsen gar nicht so klein ist. Abwechslung bieten die verschie- denen Möglichkeiten von „Jumu“. Die Kategorien „Solo/Duo“ und „Ensemble“ kehren zyklisch wieder. Während fürs „Duo“ ein Partner in ähnlichem Alter gefunden werden muss, braucht man bei der Kate- gorie „Solo“ eine/n Korrepetitor/in, der/die möglichst Ein Marathon in Etappen Von Christina Schimmer 22 Wird präsentiert von der ENSO Energie Sachsen Ost AG Beim Landeswettbewerb von „Jugend musiziert“ 2017 in Bautzen

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