27. Festival Sandstein und Musik
Traditionell nahe am Geburtstag Johann Sebastian Bachs – am 31. März 2019 jährt sich dieser zum 334. Mal – eröffnet Ludwig Güttler das Festival Sandstein und Musik. Wenn diesmal nicht gleich im ersten Konzert, so prägen Kompo- sitionen des Thomaskantors doch auch den 27. Fes- tivaljahrgang wesentlich. Auf dem heutigen Pro- gramm stehen Werke anderer bekannter, zudem weniger bekannter Zeitgenossen des Barockmeisters. Deren Wege führten zum Teil nach Mitteldeutsch- land und Dresden. Ein Hohnsteiner als Cembalist Friedrichs II. Einer der heute zunehmend vergessenen, seiner- zeit hingegen namhaften böhmischen Musiker war Pavel Josef Vejvanovský (deutsch: Paul Josef Weiwanowski). Erhalten sind etwa einhundert Kom- positionen, darunter Messen, Motetten, Offertorien, Vespern und Instrumentalwerke, die Hälfte als Hand- schriften im Schlossarchiv Kremsier (heute: Kroměříž, gelegen im Osten Tschechiens) und im Nationalmu- seum in Prag. Zu Lebzeiten besaß Vejvanovský selbst eine bedeutsame Bibliothek. Geboren um 1633 im mährischen Hochwald (Hukvaldy), studierte Vejvanovský am Jesuitenkolleg in Opava (Troppau) und lernte dort Heinrich Ignaz Franz Biber kennen, der zu jener Zeit die trefflich besetzte Kapelle des Olmützer Fürstbischofs führte. Nach Bibers Weggang gen Salzburg übernahm Vejvanovský die Stelle des Chorleiters und behielt sie bis zu seinem Tod 1693. Bei instrumentaler wie vokaler Musik ließ sich Vejvanovský stilistisch von der venezianischen Schule beeinflussen, die diesseits der Alpen zu einer „Wiener-Schule des Frühbarock“ (Wolfgang Für- linger) führte. Vejvanovský leistete Wesentliches dafür, dass diese Entwicklung in die Glanzepoche des österreichischen Hochbarock mündete. Den Blick auf Venedig lenkt auch ein anderer, in heutigen Konzertprogrammen kaum präsenter Name, Petronio Franceschini, wenngleich er nur kurze Zeit in dieser Musikmetropole wirkte. Franceschini war zur Komposition einer Oper in die Lagunenstadt berufen worden, starb jedoch während der Arbeit, gerade einmal 30-jährig. Ein Requiem, das seine Freunde finanzierten, zeugt von der Wertschätzung, die dem Komponisten und Cellisten entgegenge- bracht wurde, zu dessen Schülern Domenico Gabrielli und Giacomo Antonio Perti zählten. Petronio France- schini studierte in seiner Geburtsstadt Bologna so- wie in Rom, kehrte nach Bologna zurück, wirkte an der Accademia Filarmonica und wurde 1673 Leiter dieser bedeutenden Ausbildungsstätte. Von 1675 bis zu seiner Berufung nach Venedig 1680 spielte er als Cellist in der Capella musicale an der Basilika San Petronio, der Hauptkirche Bolognas. Aufgrund seines frühen Todes blieb Franceschini ein Vertreter der Bologneser Schule. Er hinterließ vier Opern, zwei Ora- torien, kirchenmusikalische Werke, Kantaten, Can- zonetten, mehrere Triosonaten sowie die hier zu hörende Sonate für zwei Trompeten, Streicher und Continuo. Als eine weitere Rarität im Programm kann die Sinfonie A-Dur von Christoph Schaffrath gelten. Schaffrath wurde in Hohnstein in der Sächsischen Schweiz geboren, seine Lebensdaten 1709-1763 verweisen in die spannende Zeit des Übergangs von der barocken zur klassischen Epoche, die Schaffrath durch sein Werk mitgestaltete. Der Musikgelehrte Friedrich Wilhelm Marpurg schrieb 1754, Schaffrath sei „der Welt durch seine schönen und überall be- liebten Compositionen, wovon verschiedene für den Flügel durch den Druck allgemein bekannt worden, Wege durch Mitteldeutschland und Dresden Von Karsten Blüthgen 12 Dieses Konzert wird präsentiert von Johann Georg Pisendel. Das Porträt des Zeichners mit Familiennamen Frank entstand möglicherweise nach der Ernennung des Geigers zum Konzertmeister der Hofkapelle in Dresden 1731. Die mit Tusche lavierte und weiß gehöhte Bleistiftzeichnung aus dem Besitz von Carl Philipp Emanuel Bach entstand nach einem verlorenen Gemälde.
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